Auf der Suche nach der Win-Win-Regulierung

Auf der Suche nach der Win-Win-Regulierung

In Ihrer Funktion als neue Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie hat Vize-Ministerpräsidentin Ilse Aigner zum Auftakt der Medientage München erklärt, sie strebe für den Medienbereich nicht mehr, sondern eine bessere Regulierung an. Ilse Aigner plädierte für eine Medienregulierung, die gewährleistet, dass offene Plattformen entstehen, niemand Netz-Ressourcen künstlich verknappt und alle einen diskriminierungsfreien Zugang zum Internet erhalten.

Sie sehe sich als Medienministerin bewusst in der Tradition einer Medienpolitik, „der es immer darum ging, zu ermöglichen, nicht zu verhindern“, sagte Aigner. Technik und Wirtschaft seien allerdings „kein Selbstzweck“, sondern hätten „dienende Funktion gegenüber dem Bürger“. Es gehe darum, mit einer Win-Win-Situation im Erhardschen Sinne Wohlstand für alle zu schaffen.

„Unser Ziel sind gleichwertige Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Stadt und Land: auch und gerade bei der Digitalisierung; auch und gerade bei der Breitbandversorgung“, versprach die neue Wirtschafts- und Medienministerin. Sie kündigte eine eigenständige Medienagentur an, die in Bayern neue Ideen und junge Unternehmer unterstützen soll.

Außerdem sieht Aigner Handlungsbedarf in zwei wichtigen Bereichen: So brauchten Anbieter und Kunden im Internet in Bezug auf das Urheberrecht „transparente, auch für den juristischen Laien nachvollziehbare Regeln“. Zusätzlich müsse zur Sicherung von Qualitätsjournalismus dafür gesorgt werden, dass professionelle Presse und Rundfunkangebote künftig finanzierbar blieben. Kritik übte Aigner an der starken Rolle der Europäischen Union bei der Regulierung von Medien- und Telekommunikation.

Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Medientage München, unterstrich bei seinem Grußwort die Bedeutung einer Regulierung, welche die einzelnen Mediengattungen nicht länger getrennt, sondern der konvergenten Realität entsprechend behandle. „Das gemeinsame Ziel von Gesetzgebung, Regulierung und Aufsicht muss sein, Chancengleichheit sowohl für alle Medienarten als auch für den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu schaffen“, betonte Schneider.

Fair sei der Wettbewerb nur dann, wenn für alle Wettbewerber die gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen gelten würden. Dies betreffe das Urheber- und Steuerrecht ebenso wie die Bereiche Datenschutz, Netzzugang und Auffindbarkeit sowie Jugendmedienschutz und Konzentrationsrecht. Der Pluralismus im TV-Bereich sei derzeit gesichert, erklärte Schneider.

Der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, machte beim Mediengipfel auf ein zentrales Problem der digitalen Gesellschaft aufmerksam: Nutzer und Konsumenten würden angesichts der jüngsten Datenschutz-Skandale das Vertrauen in die Online-Medien verlieren. Wenn nicht klar sei, was mit persönlichen Daten und dem Schutz der Privatsphäre geschehe, sei der öffentliche digitale Raum in Gefahr.

Im Spannungsfeld von gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen bewegten sich im Anschluss an Wilhelms Keynote auch die Debatten auf dem Mediengipfel. Schnell wurde bei der von taz-Chefredakteurin Ines Pohl moderierten Podiumsdiskussion deutlich, dass fast alle Beteiligten zwar ein Minimum an staatlichen Eingriffen in die Märkte wünschen, aber jeweils in bestimmten Bereichen auf zügige (De-)Regulierung drängen.

Dass Medienregulierung der technologischen Entwicklung hinterherhinkt, sei ein weltweites Problem, sagte Brian Sullivan, Vorstandsvorsitzender von Sky Deutschland. Auch er äußerte Bedenken in Zusammenhang mit Themen wie Datenschutz oder Urheberrechtsschutz. Umso wichtiger sei es, aufzuklären und Vertrauen zu schaffen. Dieser Aussage stimmte Philipp Justus, der für Google das Geschäft in Deutschland leitet, zu. „Wir schaffen Transparenz und bieten Wahlmöglichkeiten“, verteidigte sich Justus gegen Vorwürfe, der Suchmaschinen-Marktführer sei ein Datenkrake.